"Tanz des Klimas"

Eiszeit-Ausstellung im Naturhistorischen Museum Neuenburg

Leben und Werk des Glaziologen Louis Agassiz nimmt eine Ausstellung in Neuenburg zum Anlass, Hintergrundwissen über die Gletscher und die Klimaveränderungen zu vermitteln.

mra. Auf dem Treppenabsatz zur Ausstellung "Aglala . . . l'âge de glace" leuchtet dem Besucher als Erstes ein grosser Eisblock bläulich entgegen: Zum 200. Geburtstag seines Gründervaters Louis Agassiz (1807-1873) führt das Naturhistorische Museum in Neuenburg den Besucher in die Welt der Gletscher ein. Agassiz hatte mit seiner "Gletschertheorie" der These, die Erde sei einstmals von Eisschichten bedeckt gewesen, zum Durchbruch verholfen. Im Film "Tanz des Klimas" zeigt die Ausstellung das Leben von Agassiz.

Klimaschwankungen in der Natur

In der Schweiz, wo die Alpen ungefähr 60 Prozent der Gesamtfläche ausmachen, finden die Gletscher auch wegen der Klimadebatte besondere Aufmerksamkeit. In jüngster Zeit seien viele Horrorszenarien entworfen worden, meint Stefan Bucher, Geologe und Konservator des Museums. Die Ausstellung versuche, einen Kontrapunkt zur öffentlichen Aufregung zu setzen. Informativ und unterhaltsam aufbereitetes Fachwissen soll es ermöglichen, die Diskussion zu versachlichen und zu entpolitisieren.

In einem ersten Ausstellungsraum werden dem Besucher grundlegende Fragen zur Entstehung und Wirkung der Gletscher beantwortet. Vom Eis glatt geschliffene Findlinge, Fotoanimationen, Reliefkonstruktionen oder das Modell einer Gletschermühle dienen der Veranschaulichung. Ein durch den Gletscherschwund freigelegter Baumstamm beweist durch sein Alter von 8000 Jahren, dass die Gletscher damals kleiner waren als heute. Fragen, welche die Öffentlichkeit immer wieder beschäftigen, werden wissenschaftlich angegangen: So zeigt die Ausstellung, dass Bergstürze, wie sie im letzten Jahr geschehen sind, nicht nur auf die Erderwärmung zurückzuführen sind. Vielmehr ziehen sich die Gletscher seit der Kleinen Eiszeit (15.-19. Jahrhundert) kontinuierlich zurück. Gleichzeitig unterstreichen jedoch Aufnahmen, die den Rückgang der Gletscher in den letzten Jahrzehnten dokumentieren, die Aussagen des Uno-Klimaberichts, gemäss dem mit grosser Wahrscheinlichkeit der Mensch für den Klimawandel verantwortlich ist.

In einem zweiten Teil der Ausstellung wird denn auch den Fragen nachgegangen, welche Ursachen Klimaveränderungen haben und wo der Mensch ins Spiel kommt. Grafiken, welche die Klimaschwankungen der Erde in Jahrmillionen aufzeigen, belegen, dass die natürliche Klimavariabilität stets gross gewesen ist. In einem Film werden die Gründe dafür gezeigt: Sowohl die Nähe der Kontinente zu den Polen als auch Meeresströmungen oder die Ausschüttung von CO32 durch Vulkanausbrüche können das Klima beeinflussen. So ist das Jahr 1816 wegen des Vulkanausbruchs von Sumbawa (Indonesien) als Jahr ohne Sommer in die Geschichte eingegangen. Den grössten Einfluss haben Schwankungen der Erdumlaufbahn sowie die Richtung und Neigung der Rotationsachse: Das Zusammenspiel dieser Faktoren widerspiegelt den Ablauf der Eiszeiten.

 

Gefahren für den Menschen 

Beängstigend sei nicht die Temperatur an sich, sondern das Tempo des Klimawandels, sagt Bucher. Zwei Drittel des Süsswasservorkommens der Erde befinden sich in Eismassen, wie die Ausstellung zeigt. Schmelzen Gletscher ab, gelangt das Wasser durch die Flüsse ins Meer. Ein Ansteigen des Meeresspiegels, Mangel an Süsswasser sowie das Abkühlen des Golfstromes könnten die Folge sein. Vorstoss und Rückgang der Gletscher werden zwar zu einem grossen Teil von der Natur bestimmt, doch die Auswirkungen der vom Menschen verursachten Erderwärmung könnten für ihn "unhaltbar bis tödlich" sein, so Bucher.

"Aglala . . . l'âge de glace" wird im Muséum d'histoire naturelle in Neuenburg (Rue Terreaux 14, Tel. +41 0 32 717 79 69) bis am 21. 10. 2007, Di bis So, 18-20 Uhr, gezeigt.