Der Schweizer Glaziologe und Rassist Louis Agassiz und der Gipfel, der seinen Namen trägt.

(BILDER) Agassiz und Agassizhorn

Der Gipfel eines Rassisten

Ein rassistischer Schweizer Pionier und sein Gipfel, TA vom 30. Juni 2007


Beschönigender Gemeindepräsident.

Sehr zurecht befürchtet Andreas Studer, Gemeindepräsident von Grindelwald, einen Imageschaden für seine Gemeinde. Und zwar nicht so sehr wegen der Enthüllungen über Louis Agassiz, war doch zu dessen Lebzeiten ein solch übler Rassismus gang und gäbe. Viel schockierender ist die Reaktion von Studer selbst: Statt sich unmissverständlich und kategorisch von Agassiz zu distanzieren und sich für seine unsäglichen Aussagen zu schämen, bezeichnet er ihn stolz als "verdienstvollen Pioniervater" und bezieht sich einfach auf die bequeme Seite der Geschichte. Unsäglich, dass er diese priorisiert gegenüber der rassistischen Seite von Agassiz. Beschämend, dass er den Historiker Hans Fässler angreift und diesem politische Motive unterstellt, anstatt sich den Tatsachen zu stellen. Stur, dass er dessen konstruktiven, Einsicht repräsentierenden Vorschlag, den Sklaven späte Ehre und Achtung zu erweisen, als "Inszenierung" abtut. Dumm, dass er die Chance vertut, durch den Akt der Umbenennung des Agassizhorns in Rentyhorn aufgeklärte Toleranz und Offenheit zu manifestieren.

Wir sind seit langen Jahren treue Liebhaber von Griridelwald und den Grindelwaldnern. Trotzdem werden wir auf unseren für nächste Woche vorgesehenen Besuch verzichten. Die armen Grindelwaldner sind nicht zu beneiden um einen Gemeindepräsidenten, der Rassismus öffentlich zunindest beschönigt.

ANNATINA HUG und CHRISTOPH BREU,
ZÜRICH

 

Aus der Geschichte lernen.

Es ist immer wieder erstaunlich, welch heftige Reaktionen es nach sich zieht, wenn eine verdiente Persönlichkeit mal aus einem anderen Blickwinkel betrachtet wird und dabei «nicht so schöne Seiten» an dieser Person zum Vorschein kommen. Niemand bestreitet die für die Schweiz so bedeutenden Verdienste Louis Agassiz' in der Glaziologie - es muss aber erlaubt sein, auch seine andere Seite zu beleuchten. Wenn Grindelwalds Gemeindepräsident Andreas Studer dies als «Frechheit» bezeichnet, so zeugt das nicht gerade von geistiger Grösse, sich mit dem Problem ernsthaft auseinander setzen zu können. Es spricht auch nichts dagegen, die ganze Schweizer Geschichte nach «schwarzen Schafen» zu durchforsten. Und wenn Andreas Studer fragt, ob wir dann alle Berge mit Namen von historischen Grössen neu benennen müssten, dann frage ich zurück: Gab und gibt es in der Schweizer Geschichte wirklich so viele schwarze Schafe, dass der Aufwand nicht zu erbringen ist? - Schämen wir uns! - oder besser: Stehen wir zu unserer Vergangenheit und der unserer Ahnen, und lernen wir aus der Geschichte etwas für die Zukunft!

MARTIN SCHOLL,
AADORF

 

Skandalöse Ignoranz.

Die entschiedene Ablehnung des Grindelwalder Gemeindepräsidenten Studer gegenüber Fässlers Anliegen ist nicht ärgerlich, sondern beängstigend. Wenn sich Politiker hinter Rassisten stellen, ohne ein kritisches Wort zu verlieren, sollten die Alarmglocken läuten. Doch Studer scheint zu ahnen, dass die Wähler seine Reaktion goutieren, was die Angelegenheit noch symptomatischer für das fortschreitende Ertauben der Schweizer gegenüber dem Rassismusproblem macht. Der wahre Skandal ist nicht der Name dieses Berges an sich, sondern die Ignoranz, mit der man sich nun, da darauf aufmerksam gemacht wird, gegen eine konsequent anti-rassistische Linie sträubt.

FELIX FREY,
HERISAU