Die Gebrüder Schläpfer im Kolonialhandel

Der Handel mit Mousselines wurde von «Gebrüder Schläpfer» erst 1771 aufgenommen. 1773 kaufte die Firma solche bei Bartholome Rechsteiner & Comp. in Speicher. Eigentlicher Baumwollgewerbebezirk in Außerrhoden war jedoch die Gegend hinter der Sitter; er umfaßte insbesondere die Gemeinden Herisau, Waldstatt und Schwellbrunn.

Eine wichtige Rolle spielten im Exporthandel nach Italien die bedruckten Gewebe aus Leinen, Leinen und Baumwolle und aus reiner Baumwolle. Hauptartikel waren gewöhnliche Indiennes und Calancas, Mouchoirs porcelaines, berlini, double face, ferner rot- und braunbödige Schnupftücher. In der Ostschweiz gab es eine große Zahl von kleineren Stoffdruckereien. Sie waren in der Regel Lohndruckereien, welche vor allem Leinenmouchoirs mehr oder weniger gut bedruckten. Bisweilen stellten sie auch für eigene Rechnung bedruckte Waren her. Die größeren Druckfabriken dagegen bedruckten meistens mehr Baumwollgewebe, insbesondere gröbere Kattune zu Indiennes oder Calancas, die sie öfters, wenn auch bei weitem nicht immer, für eigene Rechnung bedruckten. Die Firma Gebrüder Schläpfer ließ bei Stoffdruckereien in St. Gallen, St. Fiden, Mörschwil, im Kastenloch in der Gemeinde Rehetobel, in Bischofszell, Glarus, Schaffhausen and bei 5 Druckereien in Herisau Gewebe bedrucken bzw. kaufte von ihnen bedruckte Waren. Mouchoirs garnés kaufte sie ferner ziemlich regelmäßig bei Johann Heinrich Vogel jünger in Zürich und ließ diese direk t nach Genua spedieren.

Der erste Stoffdrucker in Herisau, Hans Jakob Häny, wird schon 1755 in den «Rätheprotokollen» des Fleckens erwähnt. 1760 figurieren in diesen die Drucker Johannes Scheuß und Daniel Merz als «Gemeinder-Fabricanten». Um die Mitte der 1770er Jahre gab es in Herisau mindestens sechs Stoffdruckereien, von denen aber nur wenige größere Betriebe waren.

Da in Außerrhoden der Kaufmann nicht, wie z. B. in St. Gallen, an die Benutzung der kommunalen Bleichen gebunden war, ließ er seine Leinwand und seine Baumwolltücher an den verschiedensten Orten bleichen, die Gebrüder Schläpfer in Speicher, Teufen, Herisau, Wattwil, St. Gallen und Bischofszell. Ihre Gewebe Iießen sie bei Färbern im Arbon, Dozwil, Hauptwil, St. Gallen und Thal färben. Die nach Genua gesandten Artikel waren doppelldicke, meist weiße Leinwand, halbdicke weiße Tuche, Stauchentuche für Cambrais oder Gambari, weiße, farbige, schwarze und rohe Schwabenleinwand für Rouens oder Roani bianchi, colorati und neri, Bertagnette, Landtuche, Tele lustre, Pezze doblette, Barchent, Muggenstücke, geblümte Leinwand, weiße Baumwollstücke, Mousselines, ferner Indiennes, Calancas und Fazzoletti, d. h. Schnupftücher verschiedenster Qualität, u. a. auch solche aus Linons.

Die Firma exportierte nicht nur Textilwaren nach Genua für den Absatz auf dem italienischen Markte, sondern Mathias Schläpfer soll auch in Cadix bedeutende Geschäfte abgeschlossen haben. Gleichzeitig importierte das Handelshaus, wie bereits erwähnt, gewisse Güter aus Italien nach der Schweiz, an Textilwaren vor allem Seidenstoffe und Samt, ferner Victualien, beides jedoch in verhältnismäßig bescheidenen Mengen. In größeren Quantitäten führte es dagegen salonikische, smyrnische, cyprische und amerikanische Rohbaumwolle in Außerrhoden ein, ebenso, was recht eigenartig anmutet, Baumwollgarn. Die Gebrüder Schläpfer waren jedoch nicht Verleger, sondern verkauften Rohbaumwolle und Garn an Verleger oder direkt an Spinner und Weber. Der eingeführte Indigo wurde namentlich an Druckereien, Safflor dagegen an Färber verkauft. Während des Hungerjahres 1771 kaufte die Firrna in Italien erhebliche Mengen von Korn, um dieses an die darbende Bevölkerung in Außerrhoden abzugeben. Anderseits beschaffte sie sich beim Indiennefabrikanten Johann Georg Seiler in Schaf fhausen etwas später ein größeres Quantum Kaffee, das kaum lediglch zum Eigenkonsum der beiden Brüder Schläpfer bestimmt sein konnte.


[Bodmer Walter Bodmer, Textilgewerbe und Textilhandel in Appenzell-Ausserrhoden vor 1800, in:
Appenzellische Jahrbücher 1959, Trogen 1960, S. 36f.]