Der Handel und die Banken

Der Import von Baumwolle und der Export von Textilprodukten und Uhren waren Teil des internationalen Handels, der im 18. Jahrhundert zum Welthandel wurde. Lyon und Marseille in Frankreich und Genua und Livorno in Italien waren die Hauptumschlagplätze der Textilindustrie. Die Kaufleute und Bankiers von Genf, die den Baumwollimport handhabten, wurden außerhalb der Schweizer Grenzen zum Begriff, so daß das Wort «Genfer» ein Synonym für Kaufmann und Bankier wurde. Aber auch Industrielle und Finanzleute anderer Städte und Regionen waren am großen internationalen Handel beteiligt. Das Unternehmen Zellweger von Trogen besaß Vertretungen in Barcelona, Bordeaux, Frankfurt, Leipzig und Moskau sowie Niederlassungen in Lyon und Genua. Das Haus Pourtalès von Neuenburg hatte Vertretungen in Amerika und Afrika. Auch die Basler Handelshäuser hatten in der ganzen Welt Niederlassungen.

Die Schweiz war begünstigt durch ihre geographische Lage am Kreuzpunkt der Handelsströme zwischen Nord- und Südeuropa. In den Niederlanden und Deutschland, wo man sich von den Krisen des vergangenen Jahrhunderts und vom Dreißigjährigen Krieg erholt hatte, bestand eine große Nachfrage nach industriellen Produkten. Die Schweizer Kaufleute vergrößerten in kurzer Zeit ihr Angebot und beteiligten sich auf diese Weise am Welthandel, schon im 18. Jahrhundert waren sie auch im Kolonialhandel vertreten, zuerst durch Gelegenheitsunternehmen, dann aber bald durch ständige Verbindungen mit den englischen, französischen und holländischen Kolonien, die als Absatzmärkte erschlossen wurden und gleichzeitig ihre Produkte - wie Zucker und Kaffee - und Rohmaterialien für unsere Industrie lieferten.

Die Banken waren mit Handel und Staat eng verbunden. Die großen Bankiers waren auch die großen Kaufleute. Genf, Zürich und Basel waren schon im Ancien Réime die wichtigsten Bankzentren. Der ständige Geldbedarf der Großmächte - Frankreichs vor allem für seine endlosen Kriege und Englands für die Verwaltung seiner Kolonien - sicherten das Geschäft. Eine erste Krise erfolgte gegen 1720-1730, als die Finanzabenteuer von John Law nicht nur viele Franzosen, sondern auch eine große Zahl von Schweizer Firmen ruinierten, die vom Spekulationsfleber ergriffen worden waren. Darauf folgte wieder eine Hochkonjunktur, die aber in den Jahren der Französischen Revolution zusammenbrach.

Neben den Privatbanken stiegen auch die Staaten mit der Zeit ins Bankgeschäft ein. Zürich und Bern, die beide über große Mittel verfügten, legten ihr Kapital im Ausland an. Bern begann im 18. Jahrhundert in bescheidenem Rahmen an England und die Niederlande auszuleihen. Der Erfolg war so groß, daß der Staat Bern seine finanziellen Aktivitäten ausdehnte und verschiedenen deutschen Prinzen beträchtliche Summen lieh. England blieb jedoch der größte Kunde. Gegen Ende des Jahrhunderts kam ein Drittel des Bargeldeinkommens des Staates Bern aus Investitionen in England. Zürich gründete eine Staatsbank und investierte nicht nur öffentliches, sondern auch privates Geld im Ausland. Die Bank Leu - sie trägt den Namen des damaligen Zürcher «Finanzministers» - öffnete 1755 ihre Tore und investierte ebenfalls öffentliche und private Gelder. Im Gegensatz zu Bern, das Frankreich als zu riskant betrachtete
, trat Zürich in enge Beziehungen zum benachbarten Königreich und verlor durch die Revolution große Summen.

[Ulrich im Hof et al., Geschichte der Schweiz - und der Schweizer, Basel 1983, S. 114f.]