SVP gegen Historiker

Sklaverei ist Nebensache

Die Finanzkommission des Kantons St.Gallen will Hans Fässlers Buchprojekt über die Zusammenhänge zwischen dem Kanton St.Gallen, der Schweiz und der Sklaverei im 18. Jahrhundert nicht mit 15’ooo Franken unterstützen. Die Streichung des von der Kantonsregierung empfohlenen Betrages erfolgte auf Antrag der SVP. Begründet wurde die Ablehnung mit dem "sprunghaften Anstieg von Historikern", der zu solch "fragwürdigen Projekten" führe. Das Thema sei "gesucht und völlig nebensächlich", heisst es weiter.

Die schwammigen Formulierungen lassen das - Gegenteil vermuten: dass der St.Galler Finanzkommission das Thema nicht nebensächlich erscheint, dass ihr aber der scharfe Blick in die Geschichte nicht geheuer ist.. "Es macht keinen Sinn, den hintersten Winkel der Geschichte bis ins letzte Detail auszuleuchten", sagte der Präsident der St.Galler Finanzkommission Franco De Zanet gegenüber Radio Aktuell.

Ihren Anfang nahm die ganze Geschichte im Februar 2003: Damals führte Fässler erstmals sein vom Kanton finanziertes Stück "Louverture stirbt 1803" zum St. Galler 200-Jahr-Jubiläum auf. Darin erzählt er von 600 Schweizer Soldaten, darunter auch St. Gallern, die zusammen mit Napoleons Armee den Aufstand der SklavInnen in Haiti niederschlagen sollten.

Für das Stück hatte der Historiker, Kabarettist und ehemalige SP-Kantonsrat in Archiven gegraben und dabei so manches gefunden, das er nun ausführlicher in einem Buch unterbringen will. Fässler hat mit dem Thema offensichtlich einen wunden Punkt getroffen. Seit der Uraufführung seines Stücks sind im Nationalrat, bei den Regierungen von elf Kantonen und drei Städten Vorstösse eingereicht worden, die eine Aufarbeitung des Themas verlangen.

Fässler will den Entscheid der St.Galler Finanzkommission nicht akzeptieren. Das letzte Wort hat der Kantonsrat in seiner Session im Juni. Bis dahin will Fässler für sein Projekt kämpfen. "Ich versuche nun zusammen mit der SP-Fraktion, die bürgerlichen Fraktionen dazu zu. bringen, nicht auf die SVP-Linie einzuschwenken", teilte Fässler der WOZ mit. Falls das nichts nütze, werde er eine "heftige öffentliche Diskussion in Gang bringen". niz