Schweizer Beteiligung an Sklavenhandel
St.Galler Beitrag an Sklaverei-Reportagen soll gestrichen werden

St.Gallen (sda) Der St.Galler Historiker und Kabarettist Hans Fässler soll für seine Sklaverei-Reportagen keine 15'000 Franken aus dem St.Galler Lotteriefonds erhalten. Die Finanzkommission des Kantonsrats will den Beitrag streichen.

Hans Fässler (SP) deckte die Beteiligung von Schweizer Handelsfirmen an Sklaverei und Sklavenhandel neu auf. In seinem politischen Kabarett zum 200-Jahr-Jubiläum des Kantons St.Gallen, "Louverture stirbt 1803", zeigte er auf, wie St.Galler Söldner vor 200 Jahren auf Haiti gegen aufständische Sklaven gekämpft hatten.

Unbeachtete Quellen erschliessen

Für 2006 plant Fässler ein Buch mit Reportagen zur Schweizer Beteiligung an Sklaverei und transatlantischem Sklavenhandel im 18. und 19.Jahrhundert. Schwerpunkte sind, neben St.Gallen als Drehscheibe von Handelsbeziehungen zu Frankreich und den Kolonien, Zürich, Basel, Bern und die Romandie.

Fässler will einen Bildungsurlaub dazu benutzen, weitere bisher unbeachtete Geschichtsquellen zu erschliessen. Die St.Galler Regierung fand einen Staatsbeitrag von 15'000 Franken an das Buch gerechtfertigt.

SVP: "Nebensächliches Thema"

Nicht so die Finanzkommission des Kantonsrats: Sie folgte einem SVP-Antrag und beantragte Streichung des Beitrags. Begründet wurde die Ablehnung mit dem angeblich "sprunghaften Anstieg von Historikern", der zu solch "fragwürdigen Projekten" führe.

Kritisiert wurde eine Forschung zu einem "gesuchten und völlig nebensächlichen Thema", die "keinen Bezug" zum Kanton St.Gallen habe und "so weit in der Vergangenheit" liege.

Fässlers Recherchen zur Schweizer Beteiligung an Sklaverei hatten im vergangenen Jahr zu einer konzertierten Aktion von parlamentarischen Vorstössen im Nationalrat sowie in elf Kantons- und Stadtparlamenten geführt.

Debatte lancieren

Dieses Thema sollte nicht auf kantonaler Ebene aufgegriffen werden, meinte Finanzkommissionspräsident Franco De Zanet (FDP) gegenüber dem St.Galler Radio "aktuell". Es mache keinen Sinn, "den hintersten Winkel der Geschichte bis ins letzte Detail auszuleuchten", sagte De Zanet weiter. Das letzte Wort hat der Kantonsrat im Juni.

Wenn die Aufarbeitung der Schweizer Beteiligung an einem der grössten Verbrechen der Menschheitsgeschichte im UNO-Jahr des Gedenkens an den Kampf gegen die Sklaverei als "nebensächlich" und "ohne Bezug zum Kanton St.Gallen" abqualifiziert werde, müsse eine öffentliche Debatte geführt werden, sagte Fässler gegenüber der Nachrichtenagentur sda.