(AP) Mittwoch 18. Juni 2003, 14:54 Uhr
Verwicklung der Schweiz in Sklavenhandel soll untersucht werden

St. Gallen/Bern (AP) Die Verwicklung der Schweiz in den transatlantischen Sklavenhandel soll untersucht werden. Sowohl der Bundesrat als auch Kantons- und Stadtregierungen signalisierten das Interesse an einer Aufarbeitung des Themas und schlossen auch die Unterstützung entsprechender Forschungsarbeiten nicht aus.

Dass Schweizer Bürger am transatlantischen Sklavenhandel beteiligt waren, sei bekannt und die Landesregierung bedauere dies aus heutiger Perspektive zutiefst, schreibt der Bundesrat in seiner Antwort auf eine Anfrage der grünen Nationalrätin Pia Hollenstein (SG). Der Bundesrat verwies zudem auf die Erklärung und das Aktionsprogramm der Weltkonferenz gegen Rassismus im südafrikanischen Durban. Dabei sei klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die Zeit des Kolonialismus und der Sklaverei kritisch aufgearbeitet werden müsse. Die Schweiz engagiere sich mit personellen und finanziellen Mitteln dafür. Der Bundesrat sei bereit, die politisch notwendige Aufarbeitung der Vergangenheit zu unterstützen.

Auch der Basler Regierungsrat befasste sich mit dem Sklavenhandel. Basler Unternehmer seien am Sklavenhandel und an der Sklaverei beteiligt gewesen, heisst es in der Antwort auf die entsprechende parlamentarische Anfrage. Der Regierungsrat schloss nicht aus, zu prüfen, ob er einen Beitrag zum richtigen Umgang mit dem historischen Unrecht der Sklaverei und des Sklavenhandels leisten kann. Auch die Kantonsregierung von Appenzell-Ausserrhoden zeigte sich grundsätzlich bereit, wissenschaftliche Studien zu diesem Themenkreis zu unterstützen. Im 18. und 19. Jahrhundert seien etliche Kaufleute, Söldner und Kolonialisten aus Appenzell-Ausserrhoden in unterschiedlichen Ausprägungen involviert gewesen. Die Regierung der ehemaligen Tuch- und Leinwandstadt St. Gallen hält eine finanzielle Beteiligung an einer Aufarbeitung für denkbar. Es sei möglich, dass einige ihrer angesehenen Bürger aus früheren Zeiten ihren Reichtum der Sklaverei verdankten.

Ein Kabarettprogramm zur 200 Jahr-Feier des Kantons St. Gallen hatte die Beteiligung schweizerischer Kaufmannsfamilien und Banken am Sklavenhandel in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aufgedeckt. Der St. Galler Historiker und Kabarettist Hans Fässler stiess auf der Suche nach Material für sein Programm auf zahlreiche Dokumente, die eine Schweizer Beteiligung am transatlantischen Sklavenhandel belegten.