Kantonsrat St. Gallen
Einfache Anfrage Linder-Jona vom 26. Oktober 2001
"
Welches ist der tatsächliche «Geburtstag» des Kantons St.Gallen?"

Antwort der Regierung vom 20. November 2001


In seiner Einfachen Anfrage vom 26. Oktober 2001 erkundigt sich Markus Linder-Jona nach den Beweggründen, welche die Regierung bewogen haben, den Gründungstag auf den 15. April 2003 festzusetzen, und wie sie die Daten vom 19. Februar 1803 und 15. April 1803 wertet.

Die Regierung beantwortet die Anfrage wie folgt:

1.a) Nachdem die helvetische Einheitsverfassung von 1798 zu bürgerkriegsähn-lichen Auseinan-dersetzungen zwischen Unitariern und Föderalisten geführt hatte, berief Napoleon gegen Ende des Jahres 1802 Vertreter der Eidgenossenschaft zur «Konsulta» nach Paris zusammen. Dieses Gremium, geführt von fanzösischen Diplomaten, entwic-kelte die soge-nannte Mediationsverfassung, die am 19. Februar 1803 vom Ersten Konsul Napoleon selbst als für die Eidgenossenschaft gültig deklariert wurde. Stichtag der Ablö-sung der Helvetischen Verfassung durch die Mediationsverfassung war der 10. März 1803. Im Kan-ton St.Gallen wurde zum Präsidenten der provisorischen Regierungskommission Karl Müller-Friedberg bestimmt. Innert kürzester Zeit wurden Grossratswahlen durch-geführt. Dieses Gremium – es war tatsächlich noch nicht ganz vollständig – trat am 15. April 1803 erstmals zusammen und proklamierte den Kanton St.Gallen. Diese Proklamation durch ein st.gallisches Staatsorgan ist der Grund, der die Regierung bewog, den 15. April 2003 zum eigentlichen Geburtstag des Kantons zu bestimmen.

b) Die St.Galler Regierung hat sich bei den Regierungen der anderen Mediationskantone nach den ent-sprechenden Festterminen erkundigt, jedoch bis heute keine schlüssigen Antworten erhalten, die auf einen gemeinsam zu begehenden Geburtstag hindeuteten. Im Zeichen dieser Unsicherheit sieht sich die Regierung bestätigt, den eigentlichen Festakt des Jahres 2003 am 15. April durchzuführen.

2. Die Regierung wertet die Ereignisse in Paris als gleichermassen bedeutsam, weshalb sie ein Kantonsprojekt mit dem Arbeitstitel «Mit Müller-Friedberg nach Paris» in die Wege geleitet hat, das einen Besuch der historischen Stätten der «Konsulta» in und um Pa-ris durch eine offizielle St.Galler Delegation vorsieht. Damit sind zwei weitere Ziele verbunden: Ein Treffen mit nationalen französischen Behörden und eine Einladung an die Media-tionskantone, zusammen mit St.Gallen an die Geburtsstätte der Mediationsverfassung zu gehen. Da bis heute keine anderen gemeinsamen Veranstaltungen der Media-tions-kan-tone vorgesehen sind, erscheint eine Begegnung im Ausland als Auftakt zum Jubi-läums-jahr sinnvoll. Die Bevölkerung soll in dieses Ereignis einbezogen werden, indem ein geeig-neter Reiseveranstalter (z.B. der auf diesem Gebiet versierte Historische Verein des Kan-tons St.Gallen) gewonnen wird, diese Geschichtsreise zu organisieren und öffentlich anzu-bieten
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